Wende zu erneuerbaren Energien

da war doch was?
Zu den großen Diskussionsthemen der letzten Jahre gehörte auch die Energiewende: erst fing es hoffnungsvoll an, dann kamen Schwierigkeiten mit dem Netzausbau, mit dem Ukrainekrieg hohe Energiepreise, die viele den Erneuerbaren anlasteten, der Streit über Klimakleber, E-Mobilität und Wärmepumpe sowie mangelnde, sozial ungerechte Subventionen, zuletzt der „Heizungshammer“.
Inzwischen ist Klimaschutz für viele kein Thema mehr und die Union, FDP und AfD wollen die Energiewende rückabwickeln. Aber geht das so einfach? Und welche Folgen hätte das? Und wo stehen wir eigentlich mit der Energiewende? Unser Schwerpunkt versucht eine Standortbestimmung:
Dabei gehen wir aus von einem offiziellen Beitrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. Er preist die Erfolge der Erneuerbaren, die über die Hälfte unseres Stroms stellen, sowie die beim Netzausbau, der Transformation unserer Industrie hin zur gesetzlich verankerten Klimaneutralität bis 2045 und nicht zuletzt den rascheren Planungs- und Genehmigungsverfahren.
Der Beitrag des energiepolitischen Think tanks „Agora Energiewende“ weist stärker auf die Versäumnisse hin: besonders in Punkto soziale Flankierung der Energiewende, aber auch im Wärme- und Verkehrssektor, hat sich noch zu wenig bewegt. Und wer denkt: egal, wenn Merz gewinnt, darf ich weiter Verbrenner fahren und mit Öl und Gas heizen, hat wohl übersehen, das spätestens ab 2027 die Bereiche Verkehr und Wärme in den europäischen Emissionshandel einbezogen werden. Das heißt, die Tonne CO2 wird wahrscheinlich rasant teurer werden. Sie kann dann um 2030 gut und gern 200 Euro kosten, der Liter Benzin würde dann etwa 70 Cent mehr kosten als heute usw.
Da lohnt es sich, genauer hinzuschauen, was in Sachen Energiewende erreicht wurde: Ein Beispiel dafür ist das schwarz-regierte NRW, dessen offizieller Energiebericht 2023 aufzeigt, wie viele Solar- und Windanlagen nach langen Jahren der Verzögerung und des Stillstands in einem dicht besiedelten Land geplant und gebaut werden können, wenn genügend politischer Wille dafür vorhanden ist.
Was jede/r Einzelne von uns tun kann, wenn er sich mit anderen zusammenschließt, um die Energiewende voranzubringen, zeigt der Beitrag über den ehemaligen DDR-Bürgerrechtler und Pfarrer im Ruhestand Dr. Konrad Elmer. Der hatte schon seine Kirchengemeinde mit Solarenergie ausgestattet und mit einer kirchlichen Boykottdrohung die Stadtwerke Potsdam zur Einspeisung gezwungen. Jetzt streitet er für Blockheizkraftwerke und einen dezentralen Energieverbund.
Dass Energieerzeugung mittels Erneuerbarer vor allem eine private, dezentrale Erzeugung ist, die den großen Konzernen die Profite schmälert, belegt der Beitrag von Andreas Butt-Weise. Wer selber Strom produziert ist weniger abhängig, von Scheichs und Diktatoren, aber auch von Energiemonopolen.
Kein Wunder also, dass die fossilen Mächte zurückschlagen: Bereits 2017 beschrieb Energieexpertin Prof. Dr. Claudia Kemfert, wie das fossile Imperium gegen die Energiewende zurückschlug. Acht Jahre danach zeigt sich, dass wir leider in Deutschland, Europa und weltweit wieder mitten in einem großen Backlash der Fossilen stehen: Ob Klimaleugner Donald Trump („Drill Baby drill“), die Atom- und fossilfreundliche EU-Kommission oder Union, FDP und AfD, die am liebsten wieder zurück zu Verbrenner und Ölheizung wollen – überall scheint es rückwärts zu gehen, obwohl die Erneuerbaren konkurrenzlos günstig, nachhaltig und weniger gefährlich sind als andere Energieformen.
Das zeigt zum guten Schluss der Mathematiker Dr.-Ing. Rupert Klein in seinem ausführlich begründeten Beitrag zu Pro und Contra der Kernenergie: er wägt alle Argumente gegeneinander ab kommt zum Schluss, dass der Ausbau der Kernenergie zu lange dauert, dass sie zu teuer ist und uns buchstäblich auf fast ewige Zeiten mit gefährlichem Atommüll „versorgt“, sodass Erneuerbare schlicht die vorzuziehende Technologie sind.
Was bei alledem immer wieder auffällt: Wie beim Klimawandel liegen die Tatsachen eigentlich seit Jahrzehnten zu Tage, werden aber aus Interessensgründen bewusst verzerrt. Es gilt, die Fakten offenzulegen und mit offenem Visier gegen Narrative der fossilen Lobby, ihrer Helfershelfer in der Politik – bei uns wie bei den fossilen Zaren und Ölscheichs etc. anzugehen. Ja, wir können die Energiewende bis 2045 schaffen, allerdings müssen wir dazu nicht weniger, sondern mehr Wende wagen, wie uns der Beirat für Klimafragen gerade wieder mit seinem Jahresgutachten ins Stammbuch geschrieben hat. Dabei muss die soziale Flankierung der Energiewende ernster als bisher genommen werden: denn bisher haben die Subventionen nachweislich vor allem den Besserverdienern genutzt, während die Geringverdiener von den Folgen des Klimawandels viel mehr betroffen sind. Auch daher wird sich geradegerueckt.de im nächsten Schwerpunkt mit dem Thema: „Klimawende aber wie?“ befassen.
Jetzt wünschen wir erstmal nach allen berechtigten Aufgeregtheiten des Bundestagswahlkampfs angeregte Lektüre und freuen uns auf ihre Anmerkungen, Kritiken und Verbesserungsvorschläge.
Die Redaktion
(Andreas Butt-Weise, Stefan Grönebaum, Amadeus J. Kramer, Rupert Klein)